Aus der Khutba vom 5. Schawwal 1443 / 6. Mai 2022

Allah der Erhabene spricht in Surat al Munafiqun: “O die ihr glaubt, nicht ablenken sollen euch euer Besitz und eure Kinder von Allahs Gedenken. Diejenigen, die dies tun, das sind die Verlierer.”

Wer klug ist, der merkt, dass das Leben aus Sekunden, Minuten und Tagen besteht. Es wird in Zeit gemessen, nicht etwa in Vermögen, Körpergröße oder anderen Dingen.

Die Zeit ist kostbar. Ist sie einmal vergangen, so kannst du sie nicht erneut nutzen. Ein Tag, der vergeht, ohne dass du eine gute Tat begangen hast, ist für immer verloren.

Unser Prophet - Heil und Segen seien auf ihm - sagte diesbezüglich: “Kein Diener kann am jüngsten Tag seine zwei Füße bewegen, ehe er nach folgenden fünf Dingen befragt wird: wofür er sein Leben investiert hat, wie er seine Jugend verbracht hat, womit er sein Geld verdient und wo er es ausgegeben hat, und ob er sein Wissen in Taten umgesetzt hat.” In einem anderen Hadith heißt es: “Nutze 5 vor 5: Dein Leben vor deinem Tod, deine Gesundheit vor deiner Krankheit, deine Jugend vor deinem Alter, deinen Reichtum vor deiner Armut, und deine Freizeit vor deinem Beschäftigtsein.” Und in einem weiteren Hadith des Propheten - Heil und Segen seien auf Ihm - rät er uns, die Zeit auf beste Weise zu nutzen, indem er sagt: “Wisset zu schätzen die Jugend, bevor das Alter euch ereilt. Die Gesundheit vor der Krankheit. Und die freie Zeit, bevor ihr dann stark beschäftigt seid.”

Dies sind Ermahnungen und Zeichen für diejenigen unter uns, die Verstand besitzen und die rechtschaffenen Sahaba und Tabi’in als Vorbilder nehmen. ‘Abdallah Ibn Massoud - Allahs Wohlgefallen auf ihm - sagte einmal: “Nichts bereute ich so wie den Tag, an dem sich mein Vorrat an Lebensjahren verringerte, aber mein Vorrat an guten Taten gleich blieb!”

In diesem Sinne gemahnte uns auch der Prophet, Heil und Segen seien auf ihm: “Zwei Gaben gibt es, denen sich der Mensch nicht richtig bewusst ist. Die eine ist die Gesundheit und die andere die Zeit.” Wir sollten daher Gaben wie die Jugend, die Gesundheit, Reichtum und schließlich das Leben selbst nicht vergeuden. Wer studenlang Zeit verschwendet, etwa bei Glücksspiel oder mit anderen Dingen, an anderen Orten und mit sinnlosen Dingen, die uns zudem verboten (haram) sind, stürzt sich und sein Glück im Diesseits wie im Jenseits mit eigenen Händen ins Verderben.

Der Kluge ist auch jener, der an die fortlaufende Belohnung für die Zeit nach seinem Tode denkt, indem er für diese Zeit investiert und die Rendite dafür später bekommt. So erzählt man von einem sehr reichen Geschäftsmann, der einst in einem der muslimischen Länder lebte und zudem rechtschaffen war: Eines Tages kaufte er Weintrauben, die er mit einem seiner Mitarbeiter nach Hause schickte. Als er mittags zuhause war, da fragte er seine Frau, ob sie ihm etwas von den Weintrauben geben könnte. Da sagte die Frau, die ihm sein Mittagessen zu Tisch brachte, dass sie und die Kinder die Weintrauben allein gegessen hatten. Nach kurzer Überlegung stand er auf und ging zum Markt zurück, während seine Frau ihn erfolglos darum bat sein Essen aufzuessen. Im Markt angekommen, suchte er einen Immobilienmakler und kaufte ein Grundstück in der zentralsten Lage der Stadt. Darauf ging er zu einem Bauherrn und beauftragte ihn damit, dort eine große Moschee zu bauen. Als er all dies erledigte, kehrte er nach Hause zurück. Dort bat ihm seine Frau um eine Erklärung dafür, warum er so schnell und kommentarlos das Haus verließ. Der Mann sagte: “Als ich sah, dass ihr nicht an mich gedacht habt, und mir während meiner kurzen Abwesenheit nichts von den Weintrauben übrig gelassen hattet, merkte ich, dass ich für meine lange Abwesenheit und für meine Reise ins Jenseits selbst an mich denken muss. So habe ich eine fortlaufende Sadaqa eingerichtet, denn ich weiß nicht, ob ihr es später für mich tut…”